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Klimapolitik auf Kurs?

1950 wurden weltweit rund sechs Milliarden Tonnen CO2 ausgestossen, heute sind es ca. 35 Milliarden Tonnen. Seit dem Jahr 2000 haben sich die Emissionen um 40% erhöht. Wie ist das zu erklären? Einer der Hauptgründe ist, dass beim CO2-Ausstoss das Preissignal nicht funktioniert. Das Klima ist eben ein typisches Allmendegut: Die ganze Welt kann die Atmosphäre gratis «benutzen», sie hat keinen Eigentümer, aber eine beschränkte Aufnahmefähigkeit.«

Die globalen Emissionen werden mehrheitlich gratis in die Atmosphäre freigesetzt. Sie sind also weder mit einer Steuer belegt noch findet ein Emissionshandelt statt. Teilweise wird die Nutzung fossiler Energien sogar subventioniert, in Folge der Energiekrise noch stärker als zuvor. Die Konsequenzen daraus sind Ineffizienzen, Übernutzungen und ein Marktversagen, das nirgends so klar zum Vorschein kommt wie im Umweltbereich.

Die Auswirkungen des CO2-Ausstosses verteilen sich global, weshalb für einen einzelnen Staat der Nutzen einer Reduktion nicht oder kaum spürbar und das Kosten-Nutzen-Verhältnis entsprechend schlecht ist. Klimaschutz ist deshalb ein global zu lösendes Problem – ohne eine dafür zuständige globale Instanz.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Nutzen des Klimaschutzes erst für die künftigen Generationen zu spüren ist, während die Kosten heute anfallen. Die globale Politik müsste also die zukünftige Lebensqualität der Menschheit im Fokus haben und nicht die der heutigen Bevölkerung. Bevorzugt werden von der Politik aber üblicherweise Lösungen mit unmittelbarem Nutzen und möglichst weit in der Zukunft liegenden Kosten.

Als „grünes Paradox“ wird folgender Sachverhalt bezeichnet: Setzt z.B. die EU auf eine Politik für erneuerbare Energien und reduziert den Verbrauch von fossilen Energieträgern, dann fallen die Weltmarktpreise. Die tieferen Preisen führen in weniger grünen Ländern zu einem Anstieg des Verbrauchs, so dass der Gesamtverbrauch an fossilen Energien nicht sinkt. Der Effekt ist, dass „grüne Länder“ die fossilen Energien der „nicht grünen“ Länder subventionieren.

Aus diesen Gründen ist die Welt bezüglich der Klimaziele auch nicht auf Kurs. Voraussetzungen zur Zielerreichung wären erstens schnell umsetzbare technische Innovationen. Zweitens eine politische Steuerung in Richtung Kostenwahrheit auf globaler Ebene und drittens ein Werte- und Strukturwandel in der Produktion und im Konsum.

Und die Schweiz? Die jährlichen CO2-Emissionen der Schweiz betragen rund 46 Mio. Tonnen, was etwa dem Ausstoss vom 5 Kohlekraftwerken mittlerer Grösse oder etwa 0.1% des globalen Ausstosses entspricht. Trotz diesem minimalen Beitrag wäre „nichts tun“ die falsche Folgerung. Ein liberales Land muss Eigenverantwortung übernehmen, soll Vorbild und solidarisch mit der Welt sein. Um allerdings möglichst wenig Symbolpolitik zu betreiben, sind folgende Kriterien zu beachten: Effizienz, Effektivität, Kostenwahrheit und Technologieneutralität.

Das Volk hat das CO2-Gesetz im Sommer 2021 abgelehnt. Den einen war es zu wenig griffig, den anderen ging es zu weit und setzte neben Schritten zur Kostenwahrheit auf zu viele Instrumenten wie Ge- und Verbote sowie zahlreiche Subventionen. Im September 2022 hat der Bundesrat eine Neuauflage der Revision des CO2-Geseztes zuhanden des Parlamentes verabschiedet. Leider hat er sich damit von der Kostenwahrheit bzw. dem Verursacherprinzip weit entfernt. Die Bevölkerung und das Gewerbe werden mit einem Füllhorn an Fördergeldern und Subventionen überschüttet. 3.2 Mia. für die Energiewende und nochmals 3.2 Mia. für den Ersatz von Heizungen, Sanierungen von Gebäuden und Technologieförderung.

Mitnahmeeffekte sind vorprogrammiert und zur Kasse gebeten werden der Bund bzw. die Steuerzahler, nicht die Verursacher. Eigentlich sollte man meinen, es sei inzwischen auch in der Politik angekommen, dass alleine schon aus Gerechtigkeitsgründen die Verursacher für ihre Schäden zahlen müssten. Aber offenbar wird auch dieses Prinzip leichtfertig über Bord geworfen, wenn nach Einschätzung der Politik die Stimmbürger leichter mit Subventionen zu ködern sind als mit effizienten Methoden und rationalen Argumenten. Dabei sollte die Schweiz tun, was weltweit zu tun wäre: Kostenwahrheit durchsetzen! Zukünftige Schäden sollen von den heutigen Verursachern getragen werden. Damit würden die richtigen Anreize zur Konsumreduktion und zum Ersatz fossiler Energieträger sowie zu technischen Innovationen gesetzt.

Das Misstrauen der Politik und auch Teilen der Bevölkerung gegenüber Marktmechanismen führt zu einer ineffizienten und kostspieligen Klimapolitik. Und wie schon erwähnt: Ohne Kostenwahrheit auf globaler Ebene sind die Klimaziele nicht zu erreichen.

Peter Eisenhut studierte Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik an der Universität St.Gallen. Er war Hauptlehrer an der Kantonsschule Heerbrugg. Danach war er Mitglied der Geschäftsleitung des St.Galler Zentrums für Zukunftsforschung und anschliessend Chefökonom der IHK St.Gallen-Appenzell. Zudem war er Lehrbeauftragter an der Universität St.Gallen und an der Executive School der Universität St.Gallen. Seit 2008 ist er geschäftsführender Partner der ecopol ag Peter Eisenhut ist Autor des Lehrbuches «Aktuelle Volkswirtschaftslehre».

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